Umbruch im arabischen Raum: Tunesien

In Tunesien startete Anfang 2011 die Jasminrevolution. Die zu Anfangs kleineren Aufstände breiteten sich im Januar immer weiter über die großen Städte Tunesiens aus, bis sie schlussendlich in eine landesweite Massenunruhe mündeten.

Die Proteste richteten sich gegen das autoritäre Regime, seine als korrupt geltende Regierung. Vor allem der sofortige Rücktritt des seit 23 Jahren regierende Präsident Zine el-Abidine Ben Ali wurde gefordert.
Als Grund für den Aufstand wird die schlechte wirtschaftliche Lage für große Teile der Bevölkerung angesehen. Insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit und die stark gestiegenen Lebensmittelpreise und Energiekosten drängten viele Tunesier an den Rand ihrer Existenz.


Korruption in Tunesien



Korruption bedeutet so viel wie "moralische Verdorbenheit" und ist im juristischen Sinn Missbrauch einer Vertrauensstellung in der Funktion Justiz, Verwaltung, Wirtschaft und Politik.

Korruption bezeichnet Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung.

Der Korruptionsindex (CPI) wird seit 1995 von Transparency International, einer Nichtstaatlichen Organisation, die sich weltweit dem Kampf gegen Korruption widmet, in 180 Ländern erhoben.

Der CPI gibt dabei die Wahrnehmung von Korruption an. Er listet Länder nach dem Grad auf, in dem dort Korruption bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommen wird. Es ist ein zusammengesetzter Index, der sich auf verschiedene Umfragen und Untersuchungen stützt, die von mehr als zehn unabhängigen Institutionen durchgeführt wurden. Es wurden Geschäftsleute sowie Länderanalysten befragt und Umfragen mit Experten im In- und Ausland miteinbezogen. Der Index geht von 0 bis 10, wobei 10 die geringste Wahrnehmung von Korruption anzeigt und somit das bestmögliche Ergebnis ist.

Drei Viertel der 178 untersuchten Länder erzielten 2010 auf einer Skala von null (als sehr korrupt wahrgenommen) bis zehn (als wenig korrupt wahrgenommen) weniger als fünf Punkte. Schlusslichter waren erneut Irak, Afghanistan, Myanmar und Somalia; kaum besser war die Situation in Usbekistan, Turkmenistan und im Sudan. Den ersten Platz teilten sich wiederum die Länder Dänemark, Neuseeland und Singapur, die jeweils 9,3 Punkte erhielten. Finnland und Schweden (9,2 Punkte) folgten auf den nächsten Plätzen. Deutschland verlor einen Platz und lag gemeinsam mit Österreich auf Rang 15.



Anhand der oberen Grafik kann man erkennen, dass besonders im afrikanischen Raum viel Korruption vorhanden ist. Wenn man Länder in Afrika miteinander vergleicht, herrscht in Tunesien weniger Korruption als zum Beispiel im Sudan.
Doch im Gegensatz zu Österreich hat Tunesien wiederum einen hohen Korruptionswert.
Tunesien liegt weltweit auf Rang 65 mit einem Korruptionswert von 4,2.


Auslöser und Verlauf

Eine durch die Gewerkschaft organisierte Demonstration


Auslöser für die anfänglichen Proteste war die Selbstverbrennung des 26-jährigen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi am 17.12.2010. Insgesamt sollten sich noch drei weitere Personen während der Proteste selbst verbrennen.

Schicksal des Gemüsehändlers in Tunesien

Als Revolution in Tunesien 2010/2011 oder Jasminrevolution werden die umwälzenden politischen Ereignisse bezeichnet, die sich seit dem 17. Dezember 2010 in Tunesien zutragen. Sie begannen mit landesweiten Massenunruhen in der Bevölkerung, die sich seit Ende Dezember 2010 über die Zentren des Landes ausbreiteten. Bürger veranstalteten Protestaktionen gegen das Regime und die Lebensbedingungen in Tunesien, die sich auch in Gewaltausbrüchen und Plünderungen ausdrückten. Auslöser der Unruhen war die sich rasch verbreitende Nachricht über die Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010 in Sidi Bouzid, einer 250 km südlich der Hauptstadt Tunis im Landesinneren gelegenen Stadt. Dies führte zum Sturz von Zine el-Abidine Ben Ali nach 23 Jahren Herrschaft.

Muhammed Bouazizi


Mohammed Bouazizi musste nach dem frühen Tod seines Vaters als Jugendlicher seine Mutter und seine fünf Geschwister ernähren. Daher betätigte er sich als Gemüsehändler mit einem fahrenden Marktstand. So ermöglichte er seinen Geschwistern den Besuch einer Schule und sich selbst das Abitur. Ursache für seine Selbsttötung war die mehrfache Schließung seines Gemüsestands wegen einer fehlenden Genehmigung, die Beschlagnahme seiner Produkte und seines Arbeitsmittels, der Waage. Die erfolglose Beschwerde bei der Stadtverwaltung und die anschließenden Misshandlungen auf der Polizeiwache führten dann endgültig zum Suizid. Er starb am 4. Januar 2011 in einem Krankenhaus in Ben Arous bei Tunis. Bouazizis Bruder Salem und seine Schwester Leila dementierten, dass es sich um einen Suizid handelte. Leila meinte, dass es ein Unfall gewesen sei. Er habe sich mit Benzin übergossen, da er die Schande nicht ertragen habe, von einer Frau geohrfeigt worden zu sein. Fluchend und zeternd sei er herumgesprungen und dabei habe er offenbar aus Versehen mit seinem Feuerzeug einen Funken geschlagen, der ihn in Brand steckte.
„ Seine Tat war der Funke, der den Flächenbrand entzündet und letztlich die ganze arabische Welt verändert hat.“ Zitat von Ibrahim al-Koni, in Tagesspiegel, 1. März 2011.


Anfänglich gab es kleinere Unruhen in einigen Teilen des Landes und gezielte Hackerangriffe auf staatliche Internetseiten. Doch schon Ende Januar waren die größtenteils über Mundpropaganda,Twitter und Facebook organisierten Aufstände zu einem Volksaufstand angewachsen. Es kam zu Ausschreitungen, Plünderungen und Straßenschlachten. In mehreren Städten wurde von bürgerkriegsähnlichen Zuständen berichtet.

Die Flucht und das politische Erbe Ben Alis

Schlussendlich wurde der Druck auf den Präsidenten Ben Ali so groß, dass dieser am 14.01.2011 das Land verlassen musste. Sein Flugzeug landete in der darauffolgenden Nacht in Dschidda, Saudi-Arabien, nachdem ihm Frankreich die Einreise verweigert hatte.

Wenige Wochen später legte auch der Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi, der das Land eigentlich bis zu den geplanten Parlamentswahlen führen wollte, sein Amt nieder. Er galt als eng Verbündeter Ben Alis.

Der Verfassungsrat ernannte am 15. Januar Fouad Mebazaâ zum Übergangspräsidenten. Er kündigte Neuwahlen in 60 Tagen an. Nach der Flucht Ben Alis kam es allerdings nicht zur ersehnten Ruhe im Land. Weiterhin standen Plünderungen und Straßenschlachten zwischen den Anhängern Ben Alis und den Demostranten auf der Tagesordnung.

Die traurige Bilanz der Unruhen am 17.01.2011: 78 getötete Zivilisten, 94 verletzt Zivilisten; beschädigt wurden 85 Polizeiwachen, 13 Rathäuser, 43 Banken, elf Fabriken und 66 Geschäfte und Einkaufszentren. Die Gewalt habe die Wirtschaft des Landes drei Milliarden Dinar (1,57 Milliarden Euro) gekostet

Begleiterscheinungen und Folgen der Revolution für diverse andere Staaten

Die Revolution machte sich vor allem das von der tunesischen Regierung zwischenzeitlich stark zensierte Internet zu Nutze. Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten erlaubten den Demostranten, sich schnell und spontan zu organisieren.

Tunesien machte mit seiner Revolution Schule. Wie bei einem Domino-Effekt brachen Unruhen in Ägypten, Algerien, Lybien, Jemen und Jordanien aus. Auch in Saudi-Arabien und China kam es vereinzelt zu Demonstrationen gegen die dortigen Machthaber.

Seit Beginn der Unruhen in Tunesien kam es zu einem großen Flüchtlingsstrom aus den nordafrikanischen Ländern. Vor allem Lampedusa, eine süditalienische Insel, hat mit einem Anstrom von über 11.000 Flüchtlingen zu kämpfen. Dem italienischen UNHCR-Sprecher Laura Boldrini zu Folge, sind die Kapazitäten der Insel derzeit schon so ausgelastet, dass es nicht mehr möglich ist, allen Flüchtlingen einen Schlafplatz in geschlossenen Räumen zu bieten.

Geplante Neuwahlen

Am 24. Juli 2011 soll in Tunesien ein neues Parlament gewählt werden. Das gab der Übergangspräsident Fouad Mebazaâ in einer Fernsehansprache bekannt. Als zentrale Aufgabe wird dem neuen Parlament die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, sowie die Organisation der nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahl zugesprochen. Die neue Verfassung soll die Gedanken und Prinzipien der Revolution widerspiegeln.

Im Vorfeld der Wahl soll ein neues Wahlrecht ausgearbeitet werden. Dies wird durch ein Gremium, dem Vertreter der Parteien und der Zivilgesellschaft angehören, erfolgen.

Die Arbeitlosenrate von 2003 bis 2011:


Jahr -> Arbeitslosigkeit
2003 -> 15,40 %
2004 -> 14,30 %
2005 -> 13,80 %
2006 -> 14,20 %
2007 -> 13,90 %
2008 -> 14,10 %
2009 -> 14,10%
2010 -> 13,30%
2011 -> 14,00 %

Dieser Grafik zufolge, kann man sehen dass sich der Staat nicht deutlich für die Arbeitslosigkeit eingesetzt. Die Arbeitslosenrat ist zwar in diesen 8 jahren ein wenig gesunken aber nur um ca. 1,4 %.

Einige wichtige Daten Tunesiens:



Allgemein :


Region:Nord-Afrika

Fläche:163.610 km²

Landessprache:Arabisch

Politik:

Staatsform:Republik

Unabhängig seit:1956


Demografische Daten:

Einwohner:10.486.000

Einwohner pro km²:64,1

Lebenserwartung:Ø 76 Jahre

Geburtenrate:15,4 pro Jahr und 1000 Einw


Quellen:
http://derstandard.at/1297818546572/Tunesien-Dritter-Aussenminister-seit-Machtwechsel
http://derstandard.at/1296696513615/40-Menschen-bei-Ausschreitungen-von-Sonntag-verletzt
http://derstandard.at/1295570591393/Tunis-Polizei-schloss-sich-Demonstranten-an
http://de.wikipedia.org/wiki/Revolution_in_Tunesien_2010/2011
http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/datum_fuer_wahlen_in_tunesien_festgelegt_1.9760456.html
http://diepresse.com/home/panorama/welt/642328/Fluechtlingsstrom_Lage-auf-Lampedusa-besorgniserregend?_vl_backlink=/home/panorama/welt/index.do

Bildnachweis:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/01/Manifestation_UGTT_anti_RCD_II.JPG

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Seite zuletzt geändert: am Mittwoch, 21. September 2011 00:24:07 von Gustav Graf (Admin).


http://www.youtube.com/watch?v=wMEA6lBmcyE&feature=relmfu

In diesem VIdeo kann man sehen wie schlimm die Situationen dort wirklich sind!


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