Tipps zum Erstellen von Verhaltensvereinbarungen
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Verhaltensvereinbarungen in den höheren Schulen
Tipps für SchulsprecherInnen bzw. SchülerInnenvertreterInnen im Schulgemeinschaftsausschuss in höheren Schulen:Das Gesetz steht auf eurer Seite! Ihr könnt an der Erstellung der Verhaltensvereinbarungen gleichberechtigt mitarbeiten und dort darauf achten, dass die Wünsche der SchülerInnen in den Vereinbarungen berücksichtigt werden. Wenn dies nicht geschieht und ihr den Eindruck habt, dass die LehrerInnen- und ElternvertreterInnen eure Anliegen ignorieren oder schlichtweg ablehnen, könnt ihr den Vereinbarungen immer noch eure Zustimmung verweigern, womit diese nicht in Kraft treten können. Das ist eine wirkungsvolle Möglichkeit, den Anliegen der SchülerInnen in den Verhaltensvereinbarungen Platz und Stimme zu verschaffen. Es liegt also an euch, die Anliegen eurer SchülerInnen ordentlich zu vertreten und mit allen gesetzlichen Mitteln darauf zu achten, dass diese in den Vereinbarungen umgesetzt werden.
Und hier einige Tipps, wie eine sinnvolle Erstellung von Verhaltensvereinbarungen ausschaut und was ihr beim Erstellungsprozess beachten solltet:
- Macht ganz zu Beginn den anderen Schulpartnern (LehrerInnen und Eltern) den Vorschlag der Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die die Verhaltensvereinbarungen erstellen soll. Diese sollte sich aus einer gleichberechtigten Anzahl an SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen zusammensetzen. In der AHS wäre es sinnvoll und demokratisch, wenn in diese Gruppe auch die Unterstufe gleichberechtigt eingebunden ist, d.h. zum Beispiel die Hälfte der in der Gruppe stimmberechtigten SchülerInnenvertreterInnen stellt. Alle Mitglieder sollten ein Stimmrecht haben und Vorschläge sollten, so wie es das Gesetz auch bei der Abstimmung der Verhaltensvereinbarungen in den Schulgremien vorschreibt, in jeder Kurie mit 2/3-Mehrheit angenommen werden müssen, damit sie beschlossen sind.
- Erarbeitet noch vor der ersten Sitzung dieser Arbeitsgruppe einen genauen Vorschlag für die Verhaltensvereinbarungen. Macht zu diesem Zweck eine Umfrage unter allen SchülerInnen, um herauszufinden, welche Regeln ihnen für sich selbst, aber auch für die LehrerInnen und Eltern wichtig sind. Fasst diese dann zusammen und erarbeitet einen konkreten Vorschlag für die Vereinbarungen. Legt diesen Vorschlag dann der Arbeitsgruppe zur weiteren Diskussion bei der ersten Sitzung vor.
- Achtet darauf, dass die Punkte, die ihr in eurem Entwurf gesammelt habt, nicht verloren gehen, sondern stets Thema in den Sitzungen sind! Es können auch noch Punkte hinzukommen, falls ihr beim Erstentwurf welche vergessen habt; grundsätzlich aber sollte der Erstentwurf möglichst umfassend sein.
- Steckt euch ein „geheimes“ Ziel. Geht gemeinsam mit den anderen SchülerInnenvertreterInnen durch, welche Punkte von eurem Entwurf unbedingt durchgesetzt werden müssen und welche für euch weniger wichtig sind. Macht eine Prioritätenliste, die allerdings nur (!) ihr kennen dürft. Seid dann bei den Punkten, die euch wichtig sind, hartnäckig und macht sie zu Bedingungen, den Verhaltensvereinbarungen im Schulgemeinschaftsausschuss zuzustimmen. Geht bei den anderen Punkten, die euch weniger wichtig sind, Kompromisse ein (zum Beispiel Umformulierungen, Abschwächungen, in vereinzelten Fällen vielleicht auch Streichungen).
- Lest euch die Vereinbarungen, bevor im Schulgemeinschaftsausschuss über sie abgestimmt wird, wirklich gut durch. Geht sie auch mit den anderen SchülerInnen durch. Wenn ihr in dieser Sitzung für die Vereinbarungen stimmt, sind sie beschlossen und Änderungen können wieder nur mit Zustimmung der Eltern und LehrerInnen hinzugefügt werden, was sich in den meisten Fällen als schwierig erweist. Eure Stimme im Schulgemeinschaftsausschuss ist daher endgültig. Wenn ihr die Vereinbarungen mitbeschließt, diese in Kraft treten und ihr im Nachhinein draufkommt, dass die Vereinbarungen doch nicht so gut sind oder Fallen für die SchülerInnen enthalten, ist es zu spät!!! Also: Lest euch die Vereinbarungen mehrmals gut durch, lasst euch auf keinen Fall von irgendjemandem beeinflussen – und stimmt dann im Schulgemeinschaftsausschuss nach bestem Wissen und Gewissen ab.
Einige Tipps, worauf ihr beim Inhalt der Verhaltensvereinbarungen achten solltet:
- Achtet darauf, dass Verhaltensvereinbarungen nicht einseitig für die SchülerInnen gelten. Denn wirkliche Verhaltensvereinbarungen haben gemeinsam vereinbarte Regeln für alle drei Schulpartner, also auch für Eltern und vor allem LehrerInnen, aufgelistet. Hier gibt euch auch der vom Unterrichtsministerium herausgegebene Leitfaden für die Erstellung von Verhaltensvereinbarungen recht: „Verhaltensvereinbarungen sind im Sinne des § 79 SchUG ‚Verordnungen‘, die sich an die drei Schulpartner-Gruppen (Schülerinnen und Schüler, Eltern bzw. Erziehungsberechtigte, Lehrerinnen und Lehrer) richten.“ (Quelle: Rauscher, Erwin: Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog, Wien 2003, Kapitel: „Warum die Vereinbarung ein Vertrag sein möchte“, Seite 27). Sagt also gleich zu Beginn, dass ihr nur dann bereit seid, über eine Erstellung von Verhaltensvereinbarungen zu reden, wenn diese wirklich Regeln für alle drei Schulpartnergruppen beinhalten, welche auch für alle drei gelten.
- Achtet darauf, dass alle Regeln, die ihr vereinbart, klar formuliert sind und möglichst keinen Raum für Interpretationen lassen. Je klarer, desto besser!
- Ziemlich sicher wird von LehrerInnen oder Eltern die Forderung kommen, auch einen Katalog in den Vereinbarungen festzulegen, der die genauen Disziplinierungsmaßnahmen für Regelverstöße und Fehlverhalten von SchülerInnen festlegt. Grundsätzlich ist das ja keine schlechte Idee, weil ein solcher Katalog zu Transparenz führt und die SchülerInnen dann genau wissen, bei welcher Aktion sie welche Disziplinierungsmaßnahme erwartet. Achtet allerdings darauf, dass keine den Gesetzen widersprechenden oder schülerInnenfeindlichen Konsequenzen festgelegt werden wie Putzdienste, Nachsitzen, Strafarbeiten, Kostenbeiträge etc.
- Fordert auch gleich ein, dass genaue Maßnahmen für Regelverstöße und Fehlverhalten nicht nur von SchülerInnen, sondern auch von LehrerInnen in den Vereinbarungen festgelegt werden sollten! Hier gibt euch wieder der vom Unterrichtsministerium herausgegebene Leitfaden für die Erstellung von Verhaltensvereinbarungen recht: „Im Sinne einer Kultur des Vereinbarens sollen realistische Konsequenzen für alle Schulpartner gesucht werden, ...“ Rauscher, Erwin: Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog, Wien 2003, Kapitel: „Warum Konsequenzen keine Strafen sein dürfen“, Seite 29). Natürlich werden LehrerInnen und auch Eltern auf diesen Vorschlag vermutlich empört und abweisend reagieren – aber bleibt bei eurer Forderung und sagt, dass dies eine Notwendigkeit für euch ist, um den Vereinbarungen im Schulgemeinschaftsausschuss zuzustimmen. Eine Formulierung, die vielleicht auch für LehrerInnen und Eltern erträglich ist und zugleich auch euren Wunsch berücksichtigt, könnte zum Beispiel sein: „Regelverstöße und Fehlverhalten von Lehrerinnen und Lehrern werden den Gesetzen entsprechend geahndet (offizieller Instanzenweg: Direktion und Stadtschulrat).“
Verhaltensvereinbarungen in den Pflichtschulen
Tipps für SchulsprecherInnen in den Pflichtschulen:
Leider verfügt ihr nicht über die Rechte der SchülerInnenvertreterInnen in den höheren Schulen. Ihr könnt leider im Schulforum nicht über die Verhaltensvereinbarungen abstimmen und habt daher keine rechtlichen Mittel, sie wirklich zu beeinflussen oder im schlimmsten Fall zu verhindern. Aber: Ihr habt sehr wohl das Recht auf Abgabe von Stellungnahmen und Vorschlägen. Das heißt, dass ihr sowohl zu den Sitzungen des Schulforums als auch zu etwaigen Arbeitsgruppen (z.B. zur Erstellung der Verhaltensvereinbarungen) eingeladen werden müsst, daran teilnehmen und dort Vorschläge und Stellungnahmen abgeben dürft. Dieses Recht ist im Schulunterrichtsgesetz eindeutig verankert (siehe SchUG § 58 (2) 1a, 1b, 1c und § 63a (14)). Ihr könnt also nicht überhört, leider aber sehr wohl überstimmt werden!
Tipps für die Erstellung von den Vereinbarungen sowie Ratschläge für den Inhalt könnt ihr oben nachlesen und jedenfalls mündlich in die Sitzungen einbringen! (Probieren geht über Studieren!)
Der vom Unterrichtsministerium herausgegebene Leitfaden für die Erstellung von Verhaltensvereinbarungen schreibt aber auch den Pflichtschulen vor, für Verhaltensvereinbarungen die Einstimmigkeit auch mit den SchülerInnenvertreterInnen anzustreben, auch wenn diese nicht mitstimmen dürfen: „Da es sich dabei oftmals um sehr sensible und emotional befrachtete Themenstellungen handelt, empfiehlt es sich, dem Meinungsbildungsprozess besonderes Augenmerk zu schenken, nicht rasch die notwendige ‚einfache‘ Mehrheit zu suchen, sondern das Möglichste zu versuchen, um die Beschlüsse so gut vorzubereiten, dass sie _einstimmig_ gefasst werden können.“ (Rauscher, Erwin: Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog, Wien 2003, Kapitel: „SGA/Schulforum als Beschluss fassende Gremien“, Seite 26)
Ein Beispiel für gelungene Verhaltensvereinbarungen
Verhaltensvereinbarungen des GRG Erlgasse (Wien 12)Quellen
Rauscher, Erwin: Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog, Wien 2003http://www.bmukk.gv.at/medienpool/5821/schulrecht_info_2.pdf (29.5.2013)
Links
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und KulturSchülerInnenverein "Coole Schule"