Just Community

Das Konzept der Just Community (auf Deutsch: die Gerechte Schulgemeinschaft) wurde von dem amerikanischen Psychologen und Pädagogen Lawrence Kohlberg entwickelt. Demnach sollen Schulen zu gerechten und fürsorglichen Gemeinschaften werden (vgl. Althof & Stadelmann, 2009, S. 21).
In Just Community Schulen sollen die Schüler/Innen ihre soziale und moralische Urteilsfähigkeit erproben können und gleichzeitig soll das Urteilen mit Handeln verbunden werden (vgl. Althof & Stadelmann, 2009, S. 28).
Der Gestaltung einer Gerechten Schulgemeinschaft liegen acht wichtige Prinzipien zu Grunde, welche nun im Folgenden besprochen werden sollen. Diese Prinzipien sind miteinander verbunden und fungieren als Leitlinien für das pädagogische und organisatorische Handeln.

  • Entwicklung dient als Ziel der Erziehung. Das bedeutet, dass die moralische Urteilsbildung an realen Problemen in der Schule und in der Klasse gelernt wird.
  • Just Community Schulen wollen das Verhältnis von Urteil und Handeln verbessern. Dies passiert dadurch, dass in Schulen dieser Art beschlossene Urteile, die gemeinsam diskutiert und begründet wurden, sogleich institutionell in Handeln umgesetzt werden. So soll die Kluft zwischen Urteil und Handeln verringert werden.
  • In einer Gerechten Schulgemeinschaft werden gemeinsam geteilte Normen entwickelt. Diese entstehen durch gemeinsame Entschlüsse und der Partizipation aller.
  • Weiters soll „abweichendes Verhalten“ zum Gegenstand von Verhandlungen gemacht werden. So entstehen Lernprozesse.
  • In Just Community Schulen ist Demokratisierung ein soziales Prinzip. Entscheidungsmacht soll langsam und durchdacht an die Schüler/Innen übergeben werden.
  • SchülerInnen in Gerechten Schulgemeinschaften sollen lernen, andere Rollen zu übernehmen. In Versammlungen sollen sich die Jugendlichen mit anderen Teilnehmenden identifizieren indem sie ihre Bedürfnisse und Sichtweisen offenlegen. So werden nach und nach die Bedürfnisse anderer verstehbar, nachvollziehbar und in Folge auch akzeptierbar.
  • In Just Community Schulen erfahren die Schüler/Innen, im Gegensatz zu konventionellen Schulen, die Schule als veränderbar und dies ermöglicht die Entwicklung einer sozialen und praktischen Selbstwirksamkeitsüberzeugung.
  • Schließlich und endlich sollen die Lehrpersonen ihren Schüler/Innen zumuten Entscheidungen zu treffen und diese zu argumentieren (vgl. Oser & Althof, 2001, S. 238-246).

Voraussetzungen für eine Just Community sind die Gleichberechtigung zwischen Lernenden und Lehrenden, eine angstfreie Atmosphäre und ein überschaubarer Rahmen. Der Prozess der kollektiven Normbildung führt dazu, dass die Entwicklung des moralischen Urteils gefördert wird und eine positive moralische Atmosphäre entsteht. Dies wirkt sich in Folge auch positiv auf das moralische Handeln aus (vgl. Patry, Weinberger & Weyringer, 2010, S. 188-189).
Die Struktur des Schulmodells der Just Community besteht unter anderem aus der Gemeinschaftsversammlung, der Vorbereitungsgruppe, dem Vermittlungsausschuss und der Dilemmadiskussion.

Die Gemeinschaftsversammlung stellt das Zentrum des Meinungsaustausches in einer Just Community dar. Diese Versammlung findet regelmäßig statt und alle Schulangehörigen nehmen teil. Gemeinsam wird geplant und Beschlüsse werden gefasst. Die Gemeinschaftsversammlung ist ein Bestandteil des Lehrplans und findet deswegen während der Schulzeit statt.
Die Vorbereitungsgruppe besteht aus Lehrer/Innen und Schüler/Innen und hat die Aufgabe die Themen für die Versammlung zu sammeln, die Tagesordnung vorzubreiten und die Versammlung zu leiten. Der Vermittlungsausschuss dient als ausführendes und beratendes Organ.

Die Dilemmadiskussion ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil einer Just Community.
Wichtig sind auch die Begleitung des Lehrerkollegiums, die Elterninformation und die wissenschaftliche Evaluation (vgl. Oser & Althof, 2001, S. 246-251).

Die vermehrte Einführung von Just Communities in Österreich ist in näherer Zukunft laut Patry et al. (2010, S. 191) eher unwahrscheinlich, da das Hauptaugenmerk momentan auf die sogenannten Bildungsstandards gelegt wird, welche die Vergleichbarkeit zwischen den Schulen gewährleisten soll. Weiters argumentieren die Autoren, dass Moral- und Werterziehung einen untergeordneten Stellenwert bei Lehrer/Innen einnimmt. Es bedarf einer Schulreform um Just Communities vermehrt in Österreich einzuführen.

Quellen


Althof, W. & Stadelmann, T. (2009). Demokratische Schulgemeinschaft. In W. Edelstein, S. Frank & A. Sliwka (Hrsg.), Praxisbuch Demokratiepädagogik. Sechs Bausteine für Unterrichtsgestaltung und Schulalltag (S. 20-53). Weinheim/Basel: Beltz.

Oser, F. & Althof, W. (2001). Die gerechte Schulgemeinschaft: Lernen durch Gestaltung des Schullebens. In W. Edelstein, F. Oser & P. Schuster (Hrsg.), Moralische Erziehung in der Schule. Entwicklungspsychologie und pädagogische Praxis (S. 233-268). Weinheim/Basel: Beltz.

Patry, J.-L., Weinberger, A. & Weyringer, S. (2010). Fächerübergreifende Ansätze: Atmosphäre, Dilemma-Diskussion, VaKE und Just Community. In K. Zierer (Hrsg.), Schulische Werteerziehung. Kompendium (S. 178-194). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

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