Landtagswahl Wien 2010: Interview mit Peko Baxant (SPÖ)

Polipedia führte am 02.08.2010 ein Interview mit Peko Baxant, Landtagsabgeordneter und Jugendkoordinator der SPÖ Wien.
Es folgt ein Ausschnitt. Das komplette Interview zum Nachlesen befindet sich als Word-Dokument am unteren Ende der Seite!

Polipedia: Was macht denn ein Jugendkoordinator?

Baxant: Also meine Aufgabe ist es im Grunde die SPÖ Wien bei der Zielgruppe der jungen Wienerinnen und Wiener, das sind im Speziellen die 16 bis 30jährigen so gut zu präsentieren, dass sie an einem gewissen Tag, am Tag X, auch wählbar ist. Weil wir wissen, dass sich Jugendliche in erster Linie für die Politik, wie sie von den Medien landauf, landab präsentiert wird nicht besonders interessieren. Dieses Parteihickhack, dieses abstrakte Wer hat bei irgendeiner Abstimmung Ja oder Nein gesagt, das interessiert die jungen Leute eher weniger. Die jungen Leute interessieren ganz klar lebensnahe Sachen, lebensnahe Entscheidungen, das was sie wirklich betrifft, und das was moralisch und auf einer gewissen Werteebene relevant ist.

Polipedia: Sie versuchen also lebensnahe Politik zu machen ?

Baxant: Das muss ich nicht, weil die SPÖ Wien das eh selber macht.

Baxant: Zum Beispiel haben wir jetzt gerade ganz frisch die Volksbefragung gemacht. Also das ist etwas was die jungen Leute sehr wohl interessiert, zum Beispiel ein Hundeführschein oder die 24Stunden U-Bahn. Das sind Themen die betreffen mich als jungen Menschen umnittelbar und deswegen ist es natürlich auch sehr lebensnah sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Meine Aufgabe ist es dann, als Jugendkoordinator, die SPÖ Wien mit sehr vielen anderen jungen Roten zusammen so ins Licht zu bringen dass die jungen Leute mit uns über diese Themen reden.

Polipedia: Sie haben die Volksbefragung erwähnt. Die Oppositionsparteien werfen der SPÖ vor, diese nur gemacht zu haben weil Wahlkampf ist, quasi als Wahlkampfgag. Was antwortest Du darauf?

Baxant: Natürlich, die brauchen irgendeine Art von Kritik. Die können nicht sagen dass die Fragen schlecht sind, oder dass man so etwas nicht fragen kann.

Polipedia: Zur U-Bahn: Frau Marek hat jetzt Sicherheitsschleusen für die U-Bahn gefordert. Was sagen Sie denn dazu?

Baxant: Brauchen wir nicht. Aber das ist grundsätzlich so, die ÖVP und auch die Grünen brauchen halt immer wieder Themen um auf sich aufmerksam zu machen, das ist halt so. Ich bin der Frau Marek auch nicht böse, das ist eine ganz liebe Dame die sich, das sieht man auch an diesem Vorschlag, nicht so gut auskennt. In Wien, ich weiß gar nicht ob die mit der U-Bahn fährt, aber jeder der mit der U-Bahn fährt weiß, dass es absolut nicht notwendig ist Sicherheitsschleusen zu machen, so wie in London oder in anderen Städten. Dort ist es schwer notwendig.

Polipedia: Laura Rudas, Sie, die SJ, viele Jugendorganisationen sind der SPÖ nahe. Ist die SPÖ eine junge Partei, könnte man das so sagen?

Baxant: Ja, Sie haben es genau richtig gesagt. Die SPÖ ist auch eine junge Partei. Die SPÖ ist aber auch eine alte Partei, die SPÖ ist auch eine mittelalte Partei. Die SPÖ ist eine Partei für Akademiker genauso wie für Arbeitnehmer, für Lehrlinge genauso wie für Studenten. Das macht uns so breit. Das ist einerseits ein Vorteil, andererseits sind damit natürlich auch Nachteile verbunden, weil es schwer ist in so einer großen, vielfältigen Organisation zu Lösungen zu kommen bzw. zu Kommunikationsstrategien die für alle akzeptierbar sind. Umso wichtiger ist dann innerparteiliche Demokratie, am Parteitag einigen wir uns auf etwas, und auch die, die unterlegen sind akzeptieren das dann, genauso wie im Klub und im Gemeinderat.

Polipedia: Das heißt Sie sind prinzipiell nicht ein Vertreter des Freien Mandats?

Baxant: Das Freie Mandat ist ein Ideal, das mein Ziel ist, aber unter den gegebenen Voraussetzungen ist es eine Chimäre.

Polipedia: Was für gegebene Voraussetzungen sind das ?

Baxant: Die Voraussetzungen ist, dass es für alle – und ich sage ganz bewusst für alle – Gesetze einen Popularvorbehalt gibt. Wenn das Volk prinzipiell die Möglichkeit hätte, nicht nur die Zusammensetzung des Parlaments zu beschließen, sondern theoretisch auch jede einzelne Entscheidung, dann gäbe es das Freie Mandat.

Polipedia: Ein bisschen um zurück zu kommen zu der Landtagswahl die bevorsteht: In der aktuellen Postwurfsendung vom 28.Juni „Klare Worte, Klare Wege“ schreibt Michael Häupl persönlich die Bürger und Bürgerinnen an. Ganz besonders dick gedruckt sind die Worte „gemeinsame Sprache“ und „Deutschkurse“. Hat man jetzt von der SPÖ auch einen Ausländerwahlkampf zu erwarten, ist das eine Antwort auf die FPÖ?

Baxant: Nein, keinesfalls. Überhaupt nicht. Wir wissen, dass es der Bevölkerung, und zwar nicht nur der sogenannten autochthonen, sondern der Bevölkerung allgemein extrem wichtig ist, dass sie sich versteht. Da ist die deutsche Sprache extrem wichtig und ich lasse mir von der FPÖ sicher nicht das Thema Bildung wegnehmen. Bildung ist ein sozialdemokratisches Urthema. Die Basis der Bildung ist die Sprache. Die Basis auf der wir uns alle verständigen können ist in Wien die Deutsche Sprache, die habe ich auch erlernen müssen. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich das in zwei Monaten gelernt habe, ich denke auch dass das möglich ist, wenn man die richtigen Voraussetzungen hat. Man muss vielleicht nicht in zwei Monaten Deutsch lernen, aber vielleicht in einem halben Jahr. Für uns ist das erlernen der Deutschen Sprache deshalb so wichtig, und hier komme ich vielleicht zum Grundsätzlichen der Sozialdemokratie, weil wir unsere vier Grundwerte haben, und einer davon ist die Chancengleichheit. Wir wissen dass die Chancengleichheit nur dann zu gewährleisten ist, wenn alle die gleichen Voraussetzungen haben. Ich meine nicht die ökonomischen, denn ich werde nie ändern können, dass Dein Papa Arzt ist und meiner Arbeiter. Aber ich werde es ändern können, und als Sozialdemokrat wird das ewig mein Ziel sein, dass ich ab dem Kindergarten die selben Chancen habe wie jeder andere. Deshalb ist das Erlernen von Deutsch so wichtig. Uns geht es überhaupt nicht um einen Ausländerwahlkampf, sondern uns geht es um Chancengleichheit.
Ich habe selber so viele Freunde die supergescheit sind. Mein Bruder der Pavel zum Beispiel, ich war sieben Jahre als wir nach Österreich gekommen sind, mein Bruder war vier. Er ist dann in die tschechische Schule gegangen und hat die ersten drei Jahre ganz normal mitgelernt aber Deutsch hat er nicht so gut können. Am Gymnasium ist er dann abgewiesen worden, wegen seinem Deutsch. Ohnehin schon absurd, dass man mit neun Jahren - da sind wir schon bei der Gesamtschule - schon geteilt wird. Pavel ist nachher in die Hauptschule, in das TGM gegangen, und das war all das was ihm überhaupt nicht getaugt hat. Technik liegt ihm nicht, Mathematik liegt ihm nicht. Ihm liegen Sprachen, ihm liegt Allgemeinbildung, all das was er im Gymnasium gehabt hätte. Das heißt mein Bruder hat nicht die Chancen gehabt die ihm eigentlich zugestanden wäre.
Ich hab so viele Freunde mit türkischem Migrationshintergrund, mit serbischen Migrationshintergrund, super-intelligente Leute, aber für die war es ein Problem, dass sie zur richtigen Zeit nicht Deutsch konnten. Und die werden auch Hackler, so wie ihre Eltern. Hier sieht man, dass Bildung und das Bildungsniveau in Österreich leider immer noch vererbbar ist und weiter vererbt wird. Wenn Dein Papa Arzt war wirst Du wahrscheinlich auch Arzt. Das ist Steinzeit.

Polipedia: Wenn die absolute Mehrheit in Wien verfehlt wird, wie schaut Plan B aus?

Baxant: Sie wird nicht verfehlt, daran arbeiten wir.

Polipedia: O.K. also es gibt momentan keinen Plan B.

Baxant: Nein. Es wäre auch total schlecht für die Stadt, für die Bewohnerinnen und Bewohner. Wir sind die lebenswerteste Stadt der Welt und das kommt nicht von ungefähr. Das ist weil wir einen Roten Bürgermeister haben und eine Rote Stadtregierung. In einer Stadt wie Wien ist eine absolute Mehrheit für eine Partei gar nicht so schlecht. Umso wichtiger sind natürlich Kontrollinstitutionen, wie eine kritische Bevölkerung, wie Medien, wie die Oppositionsparteien, aber vor allem der Rechnungshof und das Kontrollamt.



Das vollständige Interview zum Nachlesen gibt es hier (Dateianhänge müssen sichtbar sein):

Zu dieser Seite haben beigesteuert: CM , Gustav Graf (Admin) und Georg Heller .
Seite zuletzt geändert: am Dienstag, 10. Dezember 2013 13:42:30 von CM.

old 2025-07-09 14:29:40: cached/tiki-index.php/highlight=interview&page=Landtagswahl+Wien+2010%3A+Interview+mit+Peko+Baxant+%28SP%C3%96%29.html